Selten hat man Jens Martens, Trainer der Schleswig-Holstein-Liga-Fußballer des SV Henstedt-Ulzburg, so jubeln sehen, wie nach dem Treffer zum 3:2-Sieg seiner Mannschaft gegen den VfR Neumünster im ersten Spiel nach der langen Winterpause. Unmittelbar zuvor hatte der Gast aus Neumünster die 2:1-Führung der Platzherren nach einem langen Einwurf und einem platzierten Schuss von Marvin Baese zum 2:2 egalisiert.
Doch statt die Köpfe hängen zu lassen ob des möglicherweise entgangenen Dreiers, bäumte sich die SVHU-Formation noch einmal auf. Von der Mittellinie startete Trainer-Filius Jannick Martens einen Alleingang, überlief dabei zwei Gegenspieler, behielt kurz vor dem Tor alleine von Neumünsters Keeper Yilmaz Caglar die Übersicht, und legte quer zum mitgelaufenen Michel Blunck, der nur noch ins leere Tor einschieben musste.
Es dauerte nur Sekunden, bis sich eine stattliche Jubeltraube
auf dem Kunstrasenplatz an der Theodor Storm-Straße gebildet hatte und
an der Seitenlinie hüpfte Martens, inzwischen im 13. Jahr beim SVHU und
immerhin schon 60 Lenze alt, ausgelassen auf und ab, ballte die Fäuste
und schrie ein lautes, langgezogenes ,,Jaaaaaa" in den wolkenverhangenen
Henstedt-Ulzburger Himmel. Man spürte förmlich, wie viele Steine
Martens vom Herzen gefallen waren, als der erlösende Siegtreffer fiel.
,,Das war ein Sechs-Punkte-Spiel", gab Martens nach der Partie
unumwunden zu. ,,Und als wir den dummen Ausgleichstreffer gefangen
haben, sah ich unsere Felle schon wegschwimmen." Doch seine Mannschaft
bewies Charakter. Statt ob des späten und wie Martens sich ausdrückte
,,ein wenig dämlichen" 2:2-Ausgleichtreffers zu lamentieren, bäumte sich
die SVHU-Formation auf und fuhr letztlich verdient den Dreier ein, der
Mut macht im Kampf um den Klassenerhalt. Es gibt Selbstvertrauen für die
kommenden Aufgaben und ist für die Konkurrenten im Tabellenkeller eine
klare Kampfansage.
,,Die Mannschaft lebt. Wir haben eine gute Vorbereitung gehabt
und alle ziehen an einem Strang", sagt Martens. ,,Und nun haben wir uns
für die harte Arbeit auch belohnt." Dabei standen die Vorzeichen alles
andere als gut. Beim Abschlusstraining hatte sich Tobias Höche eine
Verletzung am Sprunggelenk zugezogen und Florian Geertz fiel mit einer
Fußprellung ebenfalls aus. Mit Daniel Ahlers fehlte am Spieltag
kurzfristig beruflich bedingt ein dritter Abwehrspieler. Martens
disponierte um. Seine Vierer-Abwehrkette mit Marcel Boldt, Nils
Grossmann, Jan Kaetow und Niclas Bessert hatte die schnellen und
trickreichen VfR-Angreifer weitgehend ,,an der Leine".
Ein einziges Mal fehlte die Zuordnung vor der Pause und Deniz
Grothe traf freistehend aus abseitsverdächtiger Position zur Führung für
die Veilchen, die deutliche Feldvorteile hatten und durch Kapitän
Marvin Baese die große Chance zum zweiten Treffer. Der Angreifer setzte
seinen Schuss aus zehn Metern knapp neben den rechten Pfosten (43.).
Doch auch der SVHU tauchte in den ersten 45 Minuten einige Male - meist
durch den starken Michel Blunck - gefährlich im Sechzehner des VfR auf.
Nach der Pause waren die Spielanteile verteilt. Der SVHU spielte
entschlossener den Pass in die Spitze. Nach einer Ecke von Jannick
Martens stocherte Nils Grossmann den Ball zum Ausgleich über die Linie
(55.). Zwei Minuten später setzte Martens einem schon verloren
geglaubten Ball an der Eckfahne nach, eroberte das Spielgerät, passte zu
Michel Blunck, der für Pajewski auflegte, der vom Fünf-Meter-Raum den
Ball zur 2:1-Führung ins Tor bugsierte.
Die knappe Führung hatte bis in die Schlussphase Bestand. Der VfR
machte auf, kam auch einige Male gefährlich in den Strafraum des SVHU
und zwang Keeper Andre Zick in Person von Paulinus Igbokwe nach 74
Minuten Spielzeit auch zu einer Glanzparade, doch alles schien auf einen
knappen Erfolg der Gastgeber hinzudeuten. Zum Ende war es eine
Achterbahnfahrt der Gefühle. Tristesse nach einer Unkonzentriertheit der
gesamten Abwehr und dem Ausgleich, Jubelstürme nach dem letztlich
verdienten Siegtreffer kurz vor dem Ende.
,,Wir hätte zur Pause schon 2:0 führen müssen", trauerte
VfR-Coach Thomas Möller vergebenen Möglichkeiten vor der Pause nach.
,,Die ersten beiden Gegentore haben wir uns selbst reingelegt. Uns hat
die Spritzigkeit gefehlt." Jens Martens spracht von einem verdienten
Sieg seiner Elf, die unglaubliche Moral bewiesen habe. ,,Die Mannschaft
hat in der Winterpause hart gearbeitet und hat sich heute dafür belohnt.
Der Sieg war ein Schritt nach vorn. Mehr nicht, aber er war wertvoll
für das Selbstbewusstsein."
VfR Neumünster: Caglar - Bilgen (46. Kracht), Momo, Lorenzen, Balla - Grothe, Igbokwe (81. Khemiri), Gashi, Dagli (70. Katalski) - Tidim, Baese.
SR: Quednau (Sereetzer SV).
Zuschauer: 106.
Tore: 0:1 Grothe (30.), 1:1 Grossmann (55.), 2:1 Pajewski (57.), 2:2 Baese (85.), 3:2 Blunck (87.).
